Corporate Social Responsibility (CSR) hat sich in den vergangenen Jahren zu einem feststehenden Begriff entwickelt. Für viele Unternehmen ist ein verantwortungsvoller Umgang mit natürlichen Ressourcen, aber auch mit ihren Anspruchsgruppen, wie etwa Mitarbeiter*innen und Lieferant*innen, inzwischen selbstverständlich. Doch was bedeutet nachhaltiges Wirtschaften eigentlich in Zeiten der digitalen Transformation?
Fest steht: Die Digitalisierung verändert grundlegend unsere Arbeitswelt – die weltweiten Kontaktbeschränkungen im Zuge der Covid-19-Pandemie haben diese Tendenzen nochmals deutlich beschleunigt – sie betrifft aber auch die Art und Weise, wie wir zusammenleben. Schon heute werden viele Tätigkeiten von Robotern oder intelligenten Maschinen übernommen. Ärzt*innen können mithilfe sogenannter Wearables medizinische Daten aufzeichnen und so ihre Patient*innen aus der Ferne begleiten. Kühlschränke sind in der Lage, selbstständig auf knappe Lebensmittel aufmerksam zu machen und auch wenn das selbstfahrende Auto aktuell noch nicht reif für die Markteinführung ist, erleichtern Assistenzsysteme bereits das Einparken.
Somit nehmen Daten in der heutigen Wirtschaft eine spannungsreiche Schlüsselrolle ein. Die Sammlung, Kombination und Auswertung von Daten steht im Zentrum digitaler Innovation und ist ein zentraler Bestandteil vieler digitaler Geschäftsmodelle. Einerseits ergeben sich aus dem Zugriff auf Daten oft bessere Produkte und Innovation, andererseits unterliegen personenbezogene Daten dem informationellen Selbstbestimmungsrecht, das sich als Grundrecht aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Artikel 2 in Verbindung mit Artikel 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland) ableitet.
CDR als Strategie für nachhaltige Digitalisierung
Um diese kollidierenden Interessen möglichst auszugleichen und drohenden Monopolisierungen entgegenzuwirken, sollten Unternehmen als Weiterentwicklung ihrer CSR-Strategie die Konzeptionierung einer Corporate Digital Responsibility (CDR) erwägen. Wie bei CSR geht es bei einer unternehmerischen Digitalverantwortung um Ethik und die Frage nach der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen. Doch während bei CSR ökologische und soziale Aspekte der analogen Welt im Vordergrund stehen, thematisiert CDR die Weiterentwicklung in Bezug auf digitale Themen: Wie verarbeite ich als Unternehmen die Daten, die von außen kommen und wie transparent wird dies kommuniziert? Wie setzt man Anwendungen der künstlichen Intelligenz für Mitarbeiter*innen und Kund*innen verantwortungsvoll ein? Wie stärkt man die langfristige Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitnehmer*innen, wenn sich Berufsbilder immer schneller wandeln? Inwiefern kann der Energiekonsum für digitale Dienstleitungen reduziert und nachhaltig gestaltet werden?
Konkrete CDR-Maßnahmen können demnach sein, Transparenz bei der Verarbeitung und Speicherung von Daten herzustellen, Komplexität bei den Genehmigungsprozessen zu verringern (etwa bei den AGB), Weiterbildungsmaßnahmen für Mitarbeiter*innen anzubieten, sowie die Stärkung einer agilen Unternehmenskultur und die standardmäßige Integration energieeffizienter Produkte.
Die Bundesregierung engagiert sich für CDR in Unternehmen
Auch die Bundesregierung möchte der gestiegenen Bedeutung einer sozialen und ökologischen Digitalverantwortung durch Unternehmen Rechnung tragen. So gab es beim CSR-Preis 2020 erstmals eine Sonderkategorie "CSR und Digitalisierung". Nominiert in dieser Kategorie waren die Unternehmen HEAG Holding AG, Hostsharing eG, mitunsleben GmbH, SAP SE sowie die Telefónica Deutschland Holding AG.
Schon im Mai 2018 hat das Bundesministerium der Justiz (BMJ) gemeinsam mit Unternehmen die CDR-Initiative (CDR-Initiative des BMJ) gestartet, um Prinzipien und Eckpunkte für ein verantwortungsvolles Unternehmertum im digitalen Zeitalter zu erarbeiten. Das BMJ definiert CDR als "freiwillige unternehmerische Aktivitäten, die über das heute gesetzlich Vorgeschriebene hinausgehen und die digitale Welt aktiv zum Vorteil der Gesellschaft mitgestalten". Auch der Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung hat im November 2019 einen Beschluss zur Digitalpolitik für nachhaltiges Wirtschaften verabschiedet. Darin wird unter anderem die hohe Bedeutung von Plattformökonomie, Datenwirtschaft und künstlicher Intelligenz betont.
Als Fazit lässt sich demnach festhalten: Das Konzept von Corporate Digital Responsibility ist noch jung; um einen ähnlichen Stellenwert wie CSR zu bekommen, braucht es Zeit und Engagement. In jedem Falle ratsam ist es aber, dass Unternehmen CDR nicht als Nachteil erkennen; im Gegenteil könne es laut einer Studie der Smart-Data-Begleitforschung, die von 2015 bis 2018 im Auftrag des BMWK tätig war, "als Wettbewerbs- und Diversifizierungsmerkmal dienen, da die Problematik den Kunden (abstrakt) bewusst ist und zunehmend Nachfrage nach datenschutzkonformen Angeboten und interessenskonformen Datenverarbeitungsrichtlinien herrscht".
Denn auch in einer digitalen Wirtschaftswelt hängt unternehmerischer Erfolg maßgeblich vom Vertrauen der Kund*innen ab. Im besten Fall entsteht durch CDR also eine Win-Win-Situation, von der Anbieter*innen und Konsument*innen gleichermaßen profitieren.
Hier finden Sie die komplette Studie "Corporate Digital Responsibility" der Smart-Data-Begleitforschung/FZI Forschungszentrum Informatik.