Die Bedeutung von CSR-Berichterstattung wächst. Die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen ändern sich tiefgreifend. Dies ergibt sich aus der neuen EU-Richtlinie zur Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD). Nachdem die Europäische Kommission ihren Richtlinienvorschlag im April 2021 veröffentlichte, einigten sich die Verhandler*innen von Kommission, Rat und Europäischem Parlament am 21. Juni 2022 auf einen Kompromiss. Dieser wurde vom Europäischen Parlament und vom Rat formal angenommen und nach der Unterzeichnung durch die Präsidentin des Europäischen Parlaments und den Präsidenten des Rates am 16. Dezember 2022 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Die Richtlinie ist am 5. Januar 2023 in Kraft getreten. Die neuen Vorschriften müssen 18 Monate später von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden.
Bestimmte Unternehmen von öffentlichem Interesse in der EU müssen bereits seit einigen Jahren über ihre Nachhaltigkeit Bericht erstatten. Dies regelt die seit 2014 geltende Non-Financial Reporting Directive (NFRD) . Auf diese Weise sollen Stakeholder den Beitrag der Unternehmen zur Nachhaltigkeit besser bewerten können.
Diese Berichtspflicht soll nun erheblich ausgeweitet werden. Die CSRD wird die NFRD erweitern und den Anwendungsbereich deutlich ausweiten. Mit der Ausweitung der Berichtspflicht steigt die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen Schätzungen zufolge EU-weit von 11.600 auf 49.000. Betroffen sind die folgenden Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften mit ausschließlich haftungsbeschränkten Gesellschaftern:
- im bilanzrechtlichen Sinne große Unternehmen,
- im bilanzrechtlichen Sinne kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die kapitalmarktorientiert sind,
- Drittstaatenunternehmen mit 150 Mio. Euro Umsatz in der EU, deren Tochterunternehmen die vorstehenden Größenkriterien erfüllen oder deren Zweigniederlassungen mehr als 40 Mio. Euro Umsatz erreichen.
Kleinstunternehmen sind vom Anwendungsbereich ausgenommen.
Die Berichtsanforderungen der CSRD werden für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2024 zunächst für einen eingeschränkten Kreis von Unternehmen gelten, der dann sukzessive erweitert wird:
- für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2024: Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Mitarbeiter*innen,
- für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2025: alle anderen bilanzrechtlich großen Unternehmen,
- für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2026: kapitalmarktorientierte KMU, sofern sie nicht von der Möglichkeit des Aufschubs bis 2028 Gebrauch machen.
Die CSRD soll bestehende Lücken bei den Berichtsvorschriften schließen und die Nachhaltigkeitsberichterstattung insgesamt ausweiten. Ziel ist es, die Rechenschaftspflicht europäischer Unternehmen über Nachhaltigkeitsaspekte zu erhöhen und erstmals verbindliche Berichtsstandards auf Ebene der EU einzuführen.
Im Folgenden werden die zentralen Neuerungen der CSRD dargestellt:
Erweiterte, vereinheitlichte Berichtspflicht: Unternehmen müssen künftig umfassender und nach einheitlicheren Maßstäben berichten. Durch eine stärkere Quantifizierung der Berichtsinhalte im Wege von Kennziffern sollen außerdem die Messbarkeit und Vergleichbarkeit der Angaben gestärkt werden. Erste Entwürfe der noch durch die EU-Kommission zu erlassenden Standards werden aktuell durch EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group) unter Einbeziehung von Stakeholdern und Expert*innen entwickelt. Dabei sollen bestehende Standards und Regelwerke einbezogen werden.
Neues Verständnis von Wesentlichkeit: Die CSRD verankert die sogenannte doppelte Wesentlichkeit. Demnach sind Unternehmen verpflichtet, sowohl über die Auswirkungen des eigenen Geschäftsbetriebs auf Mensch und Umwelt als auch über die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf das Unternehmen zu berichten. Bislang musste nur dann über Sachverhalte berichtet werden, wenn beide Wesentlichkeitsaspekte zutrafen.
Externe Prüfung: Die Nachhaltigkeitsberichterstattung muss künftig ebenso wie die Finanzberichterstattung extern geprüft werden. Hierfür legt die EU-Kommission Prüfstandards fest. Darüber hinaus soll die Prüfungstiefe schrittweise erweitert werden: In einem ersten Schritt ist eine Prüfung mit begrenzter Sicherheit ("limited assurance") vorgesehen. Danach wird eine Prüfung mit hinreichender Sicherheit ("reasonable assurance") verlangt, was der Prüfungstiefe im Rahmen der Finanzberichterstattung entspricht.
Teil des Lageberichts: Um den Zugang zu Nachhaltigkeitsinformationen zu erleichtern, sollen diese künftig verpflichtender Teil des Lageberichts sein. Das zeigt den hohen Stellenwert der Nachhaltigkeitsberichterstattung, die sukzessive denselben Stellenwert wie die klassische finanzielle Berichterstattung erhalten soll.
Einheitliches elektronisches Berichtsformat: Seit dem 1. Januar 2020 sind bestimmte kapitalmarktorientierte Unternehmen verpflichtet, ihre Rechnungslegungsunterlagen in dem sog. European Single Electronic Format (ESEF) offenzulegen, das für Mensch und Maschine gleichermaßen lesbar ist. Hierbei werden Konzernabschlüsse in XHTML-Format mit sogenannten XBRL-Tags gekennzeichnet. Im Rahmen der CSRD soll diese Anforderung auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung ausgeweitet werden. Dazu plant die Europäische Kommission die Veröffentlichung einer eigenen XBRL-Taxonomie.