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Bundeskabinett verabschiedet Sorgfaltspflichtengesetz

Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf eines "Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten" beschlossen. Das sogenannte Sorgfaltspflichtengesetz schafft Rechtsklarheit für die Wirtschaft und stärkt die Einhaltung von Menschenrechten durch Unternehmen.

Das Lieferkettengesetz kommt noch in dieser Legislatur und ist ein Durchbruch für die Stärkung der Menschenrechte. Wir regeln per Gesetz klar, welche Verantwortung Unternehmen für die Bedingungen auch bei ihren Zulieferern tragen. Es geht um Menschenrechte und um menschenwürdige Arbeit. Das ist ein klares Signal an all jene Unternehmen, die schon heute ihre Lieferketten prüfen und menschenwürdige Arbeit sicherstellen. Ihnen stärken wir den Rücken. Denn Fairness darf nicht länger ein Wettbewerbsnachteil sein. Es ist aber auch ein klares Signal an jene Firmen, die bisher Menschenrechte gegen ihre wirtschaftlichen Interessen abgewogen haben. Damit ist nun Schluss. Vor allem ist es ein Erfolg für die Menschen, die weltweit unter unwürdigen, gefährlichen, manchmal tödlichen Bedingungen arbeiten. Unser Gesetz wird ihnen mehr Rechte geben.

Jeder Mensch hat das Recht auf ein Leben in Würde – das gilt nicht nur für Deutschland sondern weltweit! Kein Kind soll auf den Kakao- oder Baumwollplantagen für unseren Wohlstand schuften müssen. Deswegen umfasst das Gesetz die gesamte Lieferkette – vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt. Das Gesetz wird so Wirkung erzielen und es ist gleichzeitig mit Augenmaß: Die Verantwortung der Unternehmen ist entlang der Lieferkette abgestuft und es gibt Übergangsfristen. Dabei berücksichtigen wir besonders die Interessen der Mittelständler. Und besonders wichtig war mir, das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit wirksam umzusetzen.

Der weltweite Schutz und die Förderung der Menschenrechte sind mir wichtig. Gerade deshalb habe ich mich in den vergangenen Monaten beharrlich dafür eingesetzt, dass wir einen Gesetzesentwurf entwickeln, der klar und praxistauglich ist, in der Umsetzung funktioniert und damit die Situation der Betroffenen auch tatsächlich verbessern kann. Mit einer Abstufung der Sorgfaltspflichten entsprechend den Einflussmöglichkeiten der Unternehmen stellen wir sicher, dass wir nichts verlangen, was von den Unternehmen am Ende gar nicht durchsetzbar ist. Und wir fokussieren uns auf größere Unternehmen, kleine und mittlere Unternehmen sind ausdrücklich nicht erfasst. Wir gehen mit diesem Gesetzentwurf voran und können damit auch für die europäische Regulierung wichtige Impulse setzen, insbesondere auch das für die Wirtschaft Machbare aufzeigen.

Konkret sieht die Einigung folgende Regelungen vor:

  • Ziel: Durch das Gesetz werden in Deutschland ansässige Unternehmen ab einer bestimmten Größe verpflichtet, ihrer Verantwortung in der Lieferkette in Bezug auf die Achtung international anerkannter Menschenrechte durch die Umsetzung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht besser nachzukommen.
  • Unternehmensgröße: Das Gesetz gilt ab 2023 verbindlich für große Unternehmen mit mindestens 3.000 Beschäftigten in Deutschland (ca. 600 Unternehmen), und ab 2024 dann für alle Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten in Deutschland (ca. 2.900 Unternehmen).
  • Besserer Schutz der Menschenrechte und Rechtsicherheit für Unternehmen: Durch das Gesetz sollen in Deutschland ansässige Unternehmen ab einer bestimmten Größe verpflichtet werden, ihrer Verantwortung in der Lieferkette in Bezug auf die Achtung international anerkannter Menschenrechte durch die Umsetzung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten besser nachzukommen. Dadurch sollen zum einen die Rechte der von Unternehmensaktivitäten betroffenen Menschen in den Lieferketten gestärkt, zum anderen den legitimen Interessen der Unternehmen an Rechtssicherheit und fairen Wettbewerbsbedingungen Rechnung getragen werden.
  • Umfang der Verantwortung in der Lieferkette: Die Verantwortung der Unternehmen erstreckt sich auf die gesamte Lieferkette, wobei die Unternehmensverantwortung nach dem Grad der Einflussmöglichkeit abgestuft ist. Die Elemente menschenrechtlicher Sorgfalt gelten zunächst für die Unternehmen selbst, sowie für unmittelbare Zulieferer. Menschenrechtsrisiken bei mittelbaren Zulieferern, d.h. in den tieferen Gliedern der Lieferkette, müssen analysiert und adressiert werden, wenn Unternehmen darüber substantiiert Kenntnis erlangen.
  • Opfer von Menschenrechtsverletzungen und Zivilgesellschaft werden gestärkt: Im Entwurf des Sorgfaltspflichtengesetzes ist der Umweltschutz erfasst, soweit Umweltrisiken zu Menschenrechtsverletzungen führen können. Zudem werden umweltbezogene Pflichten etabliert, die sich aus zwei internationalen Abkommen zum Schutz vor den Gesundheits- und Umweltgefahren durch Quecksilber und langlebige organische Schadstoffe ergeben. Der Gesetzentwurf ist damit ein wichtiger Schritt und ein Signal für die Stärkung von Umweltschutz in Lieferketten. Wir werden uns dafür einsetzen, auf dieser Basis sowie auf Basis der Ratsschlussfolgerungen zu "Menschenrechten und menschenwürdiger Arbeit in globalen Lieferketten" (Ratsdokument 12945/20) die umweltbezogenen Sorgfaltspflichten im Rahmen kommender Gesetzgebungsprozesse auf EU-Ebene europaeinheitlich zu stärken.

Künftig können Betroffene sich vor deutschen Gerichten von Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften vertreten lassen und sie zur Prozessführung ermächtigen, wenn sie sich durch einen Verstoß gegen die unternehmerische Sorgfaltspflicht in überragend wichtigen Rechtspositionen verletzt sehen (Prozessstandschaft).

  • Basis für gemeinsames internationales Verständnis für Sorgfaltspflicht: Das Lieferkettengesetz schafft die Grundlage für ein gemeinsames internationales Verständnis der Sorgfaltspflicht. Es wird dazu beitragen, die rechtlichen Anforderungen an die unternehmerische Sorgfaltspflicht zu harmonisieren und die Debatte um eine EU-Gesetzgebung prägen.
  • Erstmals umfangreiche behördliche Kontrolle: Für die Durchsetzung der gesetzlichen Anforderungen wird eine Kontrollbehörde sorgen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bekommt hierfür ein Mandat, die Wirtschaft mit konkreten Informationen für die Umsetzung zu unterstützen und gleichzeitig Kontrollinstanz zu sein. Sie wird entsprechend mit personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet. Die Behörde kann bei Verstößen geeignete Buß- und Zwangsgelder verhängen. Der Bußgeldrahmen reicht bei schweren Verstößen bis zu 2 Prozent des weltweiten Konzernumsatzes. Je nach Art des Verstoßes kann das Unternehmen ab einer Geldbuße von 175.000 Euro von der öffentlichen Auftragsvergabe ausgeschlossen werden.